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Friday, August 20, 2010

Vorubergehend ausser Betrieb


 Vorubergehend ausser Betrieb



Vorubergehend ausser Betrieb
Was passiert, wenn man als Single unfreiwillig im Zolibat leben muss?

Unser Autor Tom Hansen hat vier Manner und
eine Frau an der No-Sex-Front getroffen. Ein Lagebericht..

Alles auf diesem Planeten dreht sich um Sex. Na klar, die Natur will schlieBlich ihren Fortbestand sichern.
Deswegen hat sie in jeden von uns ein Zeugungsprogramm verankert, das triebhafte Geilheit zwingend vorschreibt - und zwar ganzjahrig!
„Mitunter wunsche ich mir so etwas wie eine Brunftzeit", meint Jorg, 22 und seit zwei Jahren Single ohne erotische Kontakte zum an¬deren Geschlecht. „Dann hatte ich wenigstens nur ein paar Wochen unter der Sexlosigkeit zu leiden." Wieso eigentlich „leiden"? Gibt doch wohl Schlimmeres, als nicht zu vogeln, oder? „Das ist immer eine Frage der Perspektive."
Jorg ist jetzt ernst geworden. Obwohl er das eigentlich gar nicht will. Obwohl er sich fest vorgenommen hat, locker und gut gelaunt iiber seine Abstinenz zu sprechen. Aber so ganz geht das nicht. „Wenn mir jemand vor zwei Jahren gesagt hatte, dass jetzt eine lange, lange Zeit kommt, in der nichts mit Madchen lauft - dann hatte ich vermut¬lich mit den Achseln gezuckt. Selbst ist der Mann und so. Aber wenn du da drinhangst, sieht das alles ganz anders aus. Weil dein Ego an¬fangt zu schrumpfen. Und da kannst du absolut nichts gegen machen. Du sagst dir immer wieder, hey, na und. das wird schon noch. Aber dann hast du nachts wieder was ge¬traumt und fuhlst dich den ganzen Tag beschissen, weil du irgendwie nur ein halber Mann hist."
as Halber-Mensch-Problem: In langeren Single-Phasen ist es nicht der Verzicht auf Geschlechtsverkehr, der am meisten weh tut. Sondem das Gefiihl, keine Nahe und keine Liebe mehr zu bekommen. Und sich deswegen wertlos, klein und hasslich zu fuhlen. Und lacherlich. „Neulich hat mir eine Freundin erzahlt, dass es Leute gibt, die zum Onanieren Handpuppen verwenden. Wir haben beide gelacht, aber ganz wohl war mir dabei nicht", sagt Jorg. Weil namlich zu den Problemen mit dem Ego auch noch der gesellschaftliche Druck dazukommt. Was denken die anderen? Glauben die am Ende, man stehe im Sexladen und uberlege, ob man sich nun den Muschi-Kasper oder den Mosen-Teufel kauft? Halten die einen fur so eine armselige Witzfigur?
Fur den Zwei-Meter-Mann Jorg, der sich selbst eher als Cowboy denn als armes Wurstchen sieht,
Ohne Sex fuhlt man sich irgendwann wertlos, klein und hasslich -weil einem niemand das Gefuhl gibt, begehrt zu werden ist Spott uber seine Durststrecke eine schlimme Sache. ..Neulich hat ein Kollege gesagt, wir wurden jetzt in der Kantine einen extra Raum fur Nichtraucher bekommen. Da meinte ein anderer, dass dann ja auch bald ein extra Raum fur mich ein¬gerichtet werden musse. Fur Nicht-Ficker." Jorg hat's geschluckt. Aber am liebsten hatte er dem SpaBvogel „die Fresse poliert".
Pit hat andere Sorgen. Dem Dreissigjahrigen, seit vier Jahren sexlos, ist es wurscht, was Freunde und Kollegen von ihm denken. Aber er will endlich wieder eine neue Freundin. Die grosse Liebe. Und je langer er wartet, desto weniger scheint die sich einzustellen. Neulich habe ich mit meiner Nach¬barin dariiber gesprochen. Und da hat sie mir gesteckt, dass sich ganz bestimmt keine Frau in mich verlieben konnte - wenn ich und meine Bude weiter so verlottert aussehen wurden
Das hat mich total schockiert. Aber ich hab daruber nachgedacht."
Urn vom einsamen Onanisten wieder zum Paarmenschen zu werden, hat Pit dann sein Lebensprogramm umgestellt. Wieder em bisschen Korpeφflege betrieben, mit Sport angefangen, die Socken nicht mehr im Ofen getrocknet. Und, der Erfolg? ,,'ne neue Freundin hab ich noch nicht." Pit grinst. „Aber da war was mit der Nachbarin." Na, immerhin. Pit gibt zwar zu, dass so ein One-Night-Stand nicht die Erfullung seiner Wunsche ist. Aber zumindest ein Einschnitt in diese vier Jahre wahrende autoerotische Phase. Also scheint es doch nicht nur darum zu gehen, einen neuen Partner zu finden. Ein gelegentliches Num-
merchen ist auch schon die innere Ausgegliehenheit
as bestatigt auch Florian, 24 und genauso viele Monate Solist ohne GV: „Mein Kumpel ist schon viel langer Single als ich. Aber er findet immer wieder jemanden fur eine schnelle Bettbeziehung. Ich hab so was noch nie hingekriegt. Und das belastet mich schon. Mein Freund ist durch sein  Die meisten Langzeit-Solisten waren froh uber einen One-Night-
Und woran liegt das? Am mannlichen Triebstau vermutlich Leider sind  ja die Manner etwas reichlicher als die Frauen mit  Ur-Sexualhormon Testosteron ausgestattet worden. Was ein Ungleichgewicht der Kopulierbereitschaft mit sich bringt. Frauen wollen den charmanten, hoflichen, zuruckhaltenden Bewerber um ihre Gunst. Und Florian gesteht, dass er manchmal einfach nur ficken will. Egal mit wem. „Ich weiB, dass sich das superbescheuert anhort, aber jeder, der sich dariiber mokiert, hat keine Ahnung, was monatelanger Sexentzug bedeutet." Die Chancen, mit einer gehbrigen Portion Notgeilheit zwischen den Beinen tatsachlich ein Madchen zu iiberreden, sind allerdings ziemlich gering. Selbst wenn die Dame einem erotischen Abenteuer nicht gerade abgeneigt ist.
w ie Tanja. Die 19-Jahrige sitzt seit einer schnell wie¬der beendeten ersten gro-Ben Liebe seit drei Jahren auf dem Trockenen. „Meiner Freundin geht's genauso. Und manchmal stellen wir fest, dass wir eigentlich mal wieder eine ausufernde Liebesnacht mit al¬lem Drum und Dran vertragen konnten." Florians Chance? Nein. „Typen, die abends durch die Clubs Ziehen und zwanzig Meter gegen den Wind nach Verzweiflung riechen, sind so unerotisch wie nur was. Mit dehen wiirde gar nichts laufen."Muss Florian also weiterhin fiinf gegen Willi spielen? Jedenfalls, wenn er sich auch in Zukunft zu plump anstellt. Aber eigentlich weiB er das ja langst. „Neulich war ich mit meinem Kumpel unterwegs. Der hat zu einem Madchen gesagt: ,Du, ich hab ganz schon dicke Eier.' Das muss man sich mal vorstellen. Und dabei war der noch ziemlich nuchtern."
Und die Moral von der Geschicht'? „Es gibt immer jemanden, der noch  armer dran ist als man selbst." So sieht das zumindest Gabriel. Der hat zwar gut reden, weil er seit einiger Zeit eine Traumfrau sein Eigen nennt - andererseits hat er davor acht Jahre im unfreiwilligen Zolibat gelebt. Jch musste sogar zum Therapeuten, weil ich depressiv geworden bin. Aber geholfen hat mir schlieBlich ein Kollege, den ich immer wegen seiner tollen Freundin beneidet hab. Der hat mir irgendwann mal beim Bier erzahlt, dass er  erst mit 28 das erste Mal Sex hatte. Das war so, als ob er mir in dem
Moment einen Fluch von den Schultern genommen hatte."
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